„Wenn ihr eine tolle Idee habt, dann legt los!“

Jörg Ullmann, Biologe, seit 2004 Mitarbeiter und seit 2014 Geschäftsführer der Algenfarm „Roquette Klötze GmbH & Co. KG“ ist einer der Pioniere im Mikroalgenanbau. In einer der größten Mikroalgenfarmen der Welt wachsen in 500 Kilometer langen Glasröhren winzig kleine Algen für den Weltmarkt mittels einer neuartigen und patentierten Anbaumethode. Diese Algen werden in der Nahrungs- und Futtermittelherstellung und in der Kosmetikindustrie verwendet. Ullmann faszinierte von Beginn an die Aufgabe, eine Algenproduktion mit einer Prototyp-Anlage aufzubauen. „Wir konnten niemanden fragen, mussten für jedes Problem selbst eine Lösung finden.“  Ullmann setzt sich dafür ein, das Image vom Unternehmertum zu verändern und eine Kultur des Scheiterns zu etablieren, in der junge Menschen die Chance haben, viel auszuprobieren.  Beim Schülerfirmenbranchentreffen Gastronomie – einem schulübergreifenden Fortbildungsformat für Schülercafés - bekamen Engagierte aus Schülerfirmen einen Einblick in die Produktion, mikroskopierten die kleinen Organismen und diskutierten ihre Fragen rund um das Thema Algenanbau und -verwertung. 
 
Nach unserer ersten Kontaktanfrage waren Sie sofort bereit, sich mit GRÜNDERKIDS zu treffen und signalisierten spontan Bereitschaft, Schülerfirmen zu unterstützen. Was sind denn Ihre Beweggründe dafür? 

Volkswirtschaftlich betrachtet ist ja gerade der Mittelstand derjenige, der die meisten Innovationen hervorbringt, die meisten Arbeitsplätze schafft und natürlich auch ein guter Steuerzahler ist. Und damit sind der Mittelstand und die Firmen, die hier fest angesiedelt sind, das Grundgerüst unseres Wohlstands. Trotzdem hat man als Unternehmer nicht unbedingt den allerbesten Ruf. Das geht häufig auch auf die Darstellung in Politik und Medien zurück, die oft kein so gutes Bild von Unternehmern zeichnen. Als ich hier den Chefposten übernommen habe, da wurde mir nicht unbedingt zum coolen Job gratuliert, sondern ich wurde eher auf die Risiken und Unsicherheiten hingewiesen. Dieses schlechte Image vom Unternehmer-Dasein führt dazu, dass Jugendliche in erster Linie einen sicheren Job suchen und lieber kein Risiko eingehen. Aber gerade in dem Alter ist es doch wichtig, dass man Mut und Lust hat, seine Ideen umzusetzen und nicht sofort ausgebremst wird. Denn außer der Risiken gibt es ja auch Freiheiten, die man als Unternehmer hat. Man kann ganz viel gestalten. Und wenn das Unternehmen gut läuft, dann ergeben sich neue Optionen. Man hat zwar weniger Sicherheit, aber dafür mehr Möglichkeiten als jeder andere. Das möchte ich gern zeigen. Und das kann ich ganz niedrigschwellig im Projekt GRÜNDERKIDS, wenn ich den Kids aus den Schülerfirmen sage: „Kommt, wenn ihr eine Idee habt, bringt die voran. Wer soll es denn sonst machen?“ Und dann stelle ich die Chancen heraus und erkläre aber auch die Risiken. Aber die Jugendlichen können einfach versuchen, das zu tun, was ihnen Spaß macht. Und darüber ändert sich dann vielleicht auch Stück für Stück das Image vom Unternehmertum.  
 
Was möchten Sie jungen Menschen gern mit auf den Weg geben?

Meine Botschaft an die Jugendlichen ist: „Wenn ihr eine tolle Idee habt, dann legt los. Versucht die Hindernisse zu überwinden.“  Denn wenn ich zehn coole Ideen habe und davon scheitern vielleicht acht, dann bleiben immer noch zwei übrig – und das ist doch super! Das sollte auch in unserer Gesellschaft so gesehen werden. Wir müssen eine Kultur entwickeln, in der wir junge Leute motivieren, viel auszuprobieren. Eine Schülerfirma ist für mich so ein Raum zum Ausprobieren.  
 
Welches Potenzial haben Schülerfirmen aus Ihrer Sicht, welche Lernfelder stecken denn in diesen Projekten? 

Ich glaube, die Schülerfirmen sind eine gute Vorbereitung für alles, was im Leben noch so kommt. Die Jugendlichen haben Erfolge und Misserfolge. Nicht alles gelingt sofort. Aber sie machen die Erfahrung, dass es weitergeht. Dass sie ein Team haben und Unterstützung bekommen. Wenn eine Sache in die Binsen gegangen ist, weil die Idee vielleicht doch nicht so toll war oder weil die Umsetzung nicht geklappt hat, dann lernen sie, die nächste Etappe zu starten und zu gucken, was sie an Erfahrungen mitnehmen können. Aus dem Schülerbistro wird vielleicht kein wahnsinnig innovatives Unternehmen und evtl. gibt es das auch in drei Jahren schon nicht mehr. Aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass sie lernen, sich praktisch einzubringen - sich aneinander zu reiben und Kompromisse zu finden. Sie lernen, mit verschiedenen Leuten am selben Strang zu ziehen - auch wenn manchmal jeder in eine andere Richtung gehen will. Aber das kommt ja im Leben auch ständig vor. Und dafür ist Schülerfirma ein super Trainingstool. Da werden auch Hemmschwellen abgebaut. Wenn sie später wirklich mal eine Geschäftsidee voranbringen wollen, dann erinnern sie sich bestimmt an diese Erfahrung, suchen sich Mitstreiter und legen einfach los. Das finde ich toll! 

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